
Lachen im Kinderhospiz
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“Das Licht und die Leichtigkeit, die wir schenken, sind stärker.”
- Clownkünstlerin Marion erzählt uns, wie sie schmerzhafte Momente als Clown bewältigt.

Liebe Marion, du spielst regelmäßig sowohl im Krankenhaus als auch im Kinderhospiz. Wie unterscheidet sich eine Hospizvisite von einer Krankenhausvisite?
Als ich mit den Visiten angefangen habe, dachte ich erst, ich müsste mich mehr zurücknehmen. Aber Kinder sind viel mehr im Hier und Jetzt – sie können Momente der Leichtigkeit richtig genießen. Der Unterschied bei den Hospizvisiten ist, dass die Kinder meistens alle in einem Raum sind – im Esszimmer. Dort wird oft frisch und lecker Mittag gekocht, ganz anders als im Krankenhaus. Es duftet nach Essen, und viele Pflegekräfte sind mit dabei. Meistens ist es fast eine Eins-zu-eins-Betreuung, manchmal sogar zwei Betreuer:innen für ein Kind, weil sie auch eine intensivere Betreuung brauchen.
Und ja, die Kinder, die wir bespielen, sind oft geistig stark eingeschränkt. Nicht alle, aber es ist generell eine kleine Show, sehr feinfühlig, und man kann sich eigentlich gar nicht richtig darauf vorbereiten. Gut ist, wenn man ganz nah an die Kinder herangeht – sie berührt, ihre Hände hält – damit sie es auch wirklich wahrnehmen können.
Der Unterschied ist also: ein großer Raum, in dem alle zusammen sind, mit einer fast häuslichen Atmosphäre. Im Vergleich dazu geht man im Krankenhaus von Tür zu Tür. Da sind die Familien eher für sich, im Hospiz vermischt sich das mehr, wenn die Eltern mit dabei sind. Eigentlich berühren mich die Eltern dort am meisten. Sie freuen sich sehr, wenn sie merken, dass es ihrem Kind gut geht.
Wie gehst du als Clown-Künstlerin mit dem Thema Tod um?
Mein Clown hilft mir auf jeden Fall mit diesem Thema. Als Clown lebt man im Moment – und das muss man auch. Man ist ganz präsent. Als Clown schenkt man Momente der Leichtigkeit und lindert Schmerz. So lernt man, das Leben trotz aller Herausforderungen zu feiern.
Oft kommt die Trauer erst später, wenn ich reflektiere. Dann telefoniere ich mit Kolleg:innen und mache eine Klopftechnik für mich. Ich bin ganz überzeugt von dieser Emotional Freedom Technique (EFT)– damit kann ich Gefühle loslassen. Ich setze mich mit den Emotionen auseinander, spüre sie, fühle sie im Körper – und lasse sie dann gehen. Genau, das mache ich.
Und ja, wenn es ganz schlimm ist, nehme ich auch mal eine Supervision in Anspruch, wenn wir das dann gemeinsam in der Gruppe besprechen.

(c) Paulina Hildesheim / ROTE NASEN Deutschland e.V.
Hast du eine besondere Erinnerung an eine Visite?
Ja, eine besondere Situation hatte ich schon mal. Dieser Moment hat mich emotional so tief berührt, dass ich mich wirklich ernsthaft fragen musste, ob das Licht, das wir in solche Situationen bringen, stärker ist als die Dunkelheit, die ich in diesem Moment erlebt habe – und in mir gespürt habe. Ich habe mich dann entschieden: das Licht und die Leichtigkeit, die wir schenken, sind stärker. Dafür sind wir da, und das war für mich dann auch eine große Erleichterung.
Meistens nehmen die Eltern ihre Kinder nach Hause, wenn sie im Sterben liegen. Einmal ist ein Kind in einem Hospiz gestorben, das ich lange Monate besucht hatte, eigentlich hätte ich an dem Tag mit einer Kollegin spielen sollen, aber sie war krank. Also bin ich allein losgegangen. In dem Moment, als ich ankam, war das Kind gerade kurz vorher verstorben. Auf dem Flur war eine große Betroffenheit, viel Traurigkeit – auch bei den anderen Eltern, die ja ein ähnliches Schicksal teilen.
Als ich ankam, wollten die Eltern gerade mit den Koffern und Sachen ihres Kindes nach Hause gehen. Ich konnte in dem Moment gar nicht verstehen, warum sie das taten. Ich habe es nicht richtig wahrgenommen, weil es für mich selbst ein Schock war. Sie haben alle Sachen des Kindes herausgetragen – und das war so ein trauriger Moment, in dem ich realisiert habe: Das Kind ist wirklich nicht mehr da. Und ich musste mich fragen: Was macht man mit all diesen Dingen, wenn das Kind nicht mehr da ist?
Gleichzeitig hatte ich aber das Gefühl, dass das Kind noch da war. Dass es gerade eben noch da war. Ich konnte es noch spüren.
Dann habe ich mich gefragt, was ich tun soll. Wieder nach Hause fahren? Oder trotzdem spielen? Und ich habe mich entschieden, zu spielen. Für die anderen Eltern im Hospiz war es auch gut – dass in all dem Schmerz das Leben trotzdem noch Raum hatte. Dass wir es feiern konnten. Dafür sind wir ja da: Um auch schwere Situationen auszuhalten. Es war keine wilde, superlustige Visite – aber eine mit Lachen und Gemeinschaft.