Advent, Teil 2
Nun muß die Försterin sich eilen,
den Gatten sauber zu zerteilen.
Schnell hat sie ihn bis auf die Knochen
nach Waidmanns Sitte aufgebrochen.
Voll Sorgfalt legt sie Glied auf Glied
- was der Gemahl bisher vermied -
Behält ein Teil Filet zurück,
als festtägliches Bratenstück.
Und packt zum Schluss - es geht auf
vier -
die Reste in Geschenkpapier.
Da dröhnt's von fern wie
Silberschellen.
Im Dorfe hört man Hunde bellen.
Wer ist's, der in so tiefer Nacht
im Schnee noch seine Runde macht?
Knecht Ruprecht kommt mit gold’nem
Schlitten
auf einem Hirsch herangeritten!
»He, gute Frau, habt ihr noch Sachen,
die armen Menschen Freude
machen?«
Des Försters Haus ist tief verschneit,
doch seine Frau steht schon bereit:
»Die sechs Pakete, heil'ger Mann,
's ist alles, was ich geben kann!«
Die Silberschellen klingen leise.
Knecht Ruprecht macht sich auf die
Reise.
Im Försterhaus die Kerze brennt.
Ein Sternlein blinkt:
Es ist Advent.
Loriot
